Gelassenheitstraining mit Schirmherrin Viola Ewel

(von Gordon)

 

Am 31. Januar 2009 hat ein Gelassenheitstraining unter Anleitung von Viola Ewel bei uns auf dem Geesthof stattgefunden. Fünf Teilnehmer mit ihren Pferden stellten sich den Aufgaben, die sich eine versierte Trainerin ausgedacht hatte, um den Samstag zu einem besonderen Tag für Pferd und Reiter werden zu lassen.

Schon beim Betreten der Halle spitzten sich die Ohren der vierbeinigen Freunde (man behauptet, auch bei einigen Reitern): lag da doch so allerlei Krams in der sonst so aufgeräumten Halle.  Nachdem relativ schnell klar war, dass der so nett platzierte Besen wohl eher nicht zum anschließenden Saubermachen in Position gebracht worden war und der Regenschirm auch nicht wirklich wegen der vielleicht anstehenden Hallenberegnung mitgebracht wurde, ärgerte man sich noch kurz, dass da wohl jemand eine Plane in der Halle liegen gelassen hatte und die Fässer eigentlich auch nicht da hin gehörten. Bei allen Teilnehmern kam eine Ahnung auf, aber keiner wollte sich etwas anmerken lassen.

Nach kurzer Entspannung in der Halle stellte man sich auf, um von Viola in den Tagesablauf eingewiesen zu werden. Einiges konnte man sich denken, Einiges wollte man sich lieber nicht denken.  Viola hatte einige grundlegende Dinge zu der Arbeit mit den Pferden erklärt, wie etwa die Herangehensweise an für Pferde unheimliche Dinge und zur Rolle der Führungsperson und  zu den ganzen Dingen, die da gerade in der Halle aufgebaut waren.

Es war jedem Teilnehmer selbst überlassen, ob eine Übung aus dem Sattel heraus angegangen wurde, oder ob das Pferd vom Boden aus geführt wurde. Jedem Teilnehmer wurde erläutert, warum sein Pferd jetzt gerade so auf eine Sache oder Situation reagierte und wie man auf das Pferd richtig einwirkt. Gerade am Boden muss man sich seiner Rolle bewusst sein (als Führungsperson - nicht etwa, weil man gerade heruntergefallen war) und durch entsprechende Körperhaltung dem Pferd signalisieren, dass alles o.k. ist und keine Gefahr besteht und die geprellte Schulter, die man sich gerade beim Sturz zugezogen hatten, im Übrigen kaum schmerzt...

Zunächst ging es dann erst mal über die Plane. Der eine oder andere Teilnehmer hätte sich vielleicht eine etwas andere Übung zum Warmmachen vorgestellt, etwa zwischen zwei Stangen hindurch gehen oder so, doch Viola hatte da schon etwas andere Vorstellungen. Das war hier ja schließlich kein Kindergeburtstag. Anders, als von Einigen erwartet, gestaltete sich die Plane für die Teilnehmer als relativ unspektakulär. Selbst die Pferde gingen brav darüber. Und man konnte sogar darauf stehen bleiben. Nun, bei einigen  Pferden - allen voran Stuten mit Blesse und zwei weißen Hinterbeinen - dauerte es mit dem Stehenbleiben auf der Plane etwas länger, aber klappte dann doch noch.

Nach dem die Plane erfolgreich in die Kategorie total normal, wir machen das ja schon seit Jahren eingestuft wurde, ging es zum Stangen-L. Nun ist ein Stangen-L etwas, was die meisten Pferde ja schon mal gesehen hatten und die ersten Pferde bzw. Reiter waren schon eifrig auf dem Wege sich da durch zu schlängeln. Eigentlich hatte Keiner so richtig die Ohren bei Viola, bis das Wort rückwärts fiel. Nein, eigentlich meinte sie doch wohl eher vorwärts, oder? Der erste Teilnehmer mit Pferd hatte schon fast in das Stangen-L eingefädelt (erst vorwärts, was eigentlich richtig, jetzt aber doch falsch war) als bei dem Wort rückwärts plötzlich keine Eile mehr war und die Reihenfolge wohl doch noch mal neu festgelegt werden könnte.

Während also der eine oder andere Mensch langsam anfing, sich einen Plan zu überlegen, wie man überhaupt rückwärts in die Nähe der Stangen gelangt bzw. sein Pferd überhaupt umzudreht (Das muss eine verdammt enge Volte werden), gab es da so einen kleinen Fuchs, der sich unentwegt an dem großen Ball zu schaffen machte und diesen geschickt mit den Vorderbeinen vor sich her trieb. So mancher Schuss blieb nicht ohne Reaktion der anderen Pferde. Die junge Amazone auf dem Rücken des Fußball-Fuchs schien sich so gar keine Sorgen zu machen, wie diese Aufgabe zu bewältigen sei. Man muss eben einfach nur gelassen sein...

Bei dieser Übung wurden doch schon einige Defizite sichtbar (bei einer gewissen Stute mit zwei weißen Hinterbeinen und einer Blesse war es die sogenannte Schenkelresistenz). Die Teilnehmer waren sich einig, dass das bei den Anderen doch viel einfacher aussieht. Aber bei den Anderen ist eben nicht bei dem Eigenen.  Der flüssige Rückwärtsgang durch das Stangen-L wurde also in Teilschritte zerlegt: angefangen mit der anständigen Vorhandswendung zum richtigen Einfädeln, gerade rückwärts gehen, punktgenaues Halten, einzelne Schritte mit der Hinterhand und Vorhand um das Eck und dann das weitere Rückwärtsrichten aus dem Stangen-L heraus. Wir wurden wiederholt daran erinnert, dass das ganze ohne Geräusche (kein Horn auf Holz, kein Gefluche) absolviert werden sollte. Wobei ein sauberes über-die-Stange-treten zwar auch geräuschlos sei, aber nicht ganz dem Ziel entspräche...

Geräuschvoller ging es dann bei den Fässern zu. Zwischen den beiden Fässern anzuhalten war kein Problem. Dann trommelte Viola auf den Fässern, doch blieben die Pferde total gelassen. Woher diese Plötzliche Gelassenheit kam, wusste kein Mensch. Aber irgendwie beschlich einen das Gefühl, dass die Pferde sehr konzentriert waren und sich sicher wähnten. Ob die Pferde jetzt mehr Viola oder den Reitern vertrauten war zunächst noch unklar, aber wir konnten in Folgeübungen doch deutlich erkennen, dass die Pferde tatsächlich Vertrauen fassten und sich den Hilfengebungen der Reiter bzw. der Führungsperson fügten.

Der Höhepunkt war für die meisten Teilnehmer wohl der Regenschirm. Nicht, dass der Eine oder Andere nicht schon einmal einen eigenen besitzt hatte, um ihn dann in der Bahn liegen zu lassen. Nein, es war wohl doch der ungewöhnliche Ort. Schließlich gibt es hier in der Halle ein wunderschönes Dach. Da darf dann schon mal der Sinn und Zweck eines aufgeklappten Regenschirmes hinterfragt werden zumal draußen die Sonne schien. Es waren sich so ziemlich alle Pferde einig, inklusive derer, die eigentlich gar nicht an diesem Kurs teilnahmen, dass das Ding nicht ganz geheuer ist. Im nicht-gesperrten Bereich der Halle mussten einige Reiter spontan neue Bahnfiguren reiten (Ich wollte ja ohnehin früher abwenden).

Nachdem eine gewisse Stute mit einem weißen Bein hinten links, einer Blesse und einem weißen Bein hinten rechts, gerade indisponiert war und gar keine Zeit hatte sich irgendwelchen roten Regenschirmen zu widmen, wurde auf den Betriebsmodus was ich nicht sehen will, kann mir auch nix umgeschaltet. Ist auch `ne Art solche Situationen zu meistern, allerdings irgendwie schlecht zu steuern. Der Reiter/Halter wird sich hierzu noch Gedanken machen müssen.

Eine große Fuchsstute entschied sich mal zu probieren, wie der Schirm so aus verschieden Blickwinkeln des linken Auges aussieht.  Vielleicht würde der Regenschirm verschwinden, wenn man den Hals leicht abwinkelt... Nein, klappt nicht. Dann mal von unten angucken... Fehlanzeige. Das Ding bleibt da. Aber irgendwie macht das Ding ja auch nix... also, keine Gefahr!

Obwohl es hier deutliche Reaktionen der Pferde gab (große Augen, Schnauben, Ohren gespitzt), so war keine wirklich heftige Reaktion zu beobachten. Es war schon eher eine Neugier der Pferde. Wir Menschen waren ja mittlerweile gelassener geworden und konnten dies auf unsere Pferde übertragen.

Nach einigen weiteren Varianten zu den Übungen wurden alle Teilnehmer aufgefordert einen Parcours mit den diversen vorher geübten Aufgaben zu durchreiten bzw. das Pferd zu führen. Da fast alles im Trab erledigt werden musste, hieß das für das Führungspersonal den Parcours zu durchlaufen. Eine Teilnehmerin mit einem Cocktail in der Hand, sorry, mit einem vierbeinigen Cocktail an der Hand, machte es uns allen vor.  Zugegeben, dass war dann die sportlichere Variante und man kam sich im Sattel dann beschämend bequem vor. Aber auch irgendwie erleichtert.

Abschließend muss man sagen, dass wir im Laufe dieses Kurses vertrauter im Hinblick auf die Reaktion unserer Pferde wurden. Wir konnten die Reaktionen besser einschätzen und waren gedanklich unseren Pferden einen Schritt voraus - eine gute Vorraussetzung mit besonderen Situationen in Zukunft umzugehen. Und sollte ich beim Reiten mal von der Beregnungsanlage überrascht werden, dann spanne ich einfach den Regenschirm auf...

Gelassenheitstraining mit Viola Ewel/31.01.09