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Aktuelles/Termine in 2013
Heidedistanz 27.07.2013 – persönlicher
Rekord für Lezziran und Astrid
(Bericht von Astrid)
Sechs Jahre nach unserem ersten und bis dato einzigen Start bei der
legendären Heidedistanz, dem ersten aller „Hundertmeiler“ in
Deutschland wollten Lezziran und ich es wieder wagen. Es war die
letzte Heidedistanz des langjährigen Veranstalterteams Gerda, Silke,
Tanja und Sigrun und es war noch nicht klar, ob sich Nachfolger an
diese großen Fußstapfen wagen würden.
Lezziran selbst war nach dreijähriger schwerer Borreliose-Erkrankung
erst seit zwei Jahren wieder gesundheitlich stabil und regelmäßig
unter dem Sattel. Um einen der begehrten Startplätze zu sichern,
hatte ich mutig schon früh die Nennung für den Hundertmeiler
abgeschickt. Der realistische Plan war, die Mindeststrecke von 81 km
zu absolvieren und dann zu schauen, ob wir evtl. sogar 100 oder 120
km schaffen könnten. Für den vollen Hundertmeiler waren wir
definitiv noch nicht reif, aber bei der Heide ist auch vorzeitiges
Beenden ein Erfolg und das ganz besondere Flair ist immer eine
Teilnahme wert. Und weil es den armen Trossern sehr viel schwerer
fällt als den Reitern, die Nacht durchzumachen, hatte ich zur
Unterstützung für Dirk Julie als zweite Trosserin engagiert. So
konnten die Zwei sich die Nacht-Stopps aufteilen und kamen
zwischendurch etwas zum Schlafen.
Zeitig am Vormittag brachen Dirk und ich also mit dem Gespann auf
nach Feuerschützenbostel (bei Celle), wo wir in Ruhe Lezzirans
Paddock aufbauten und erstmal ein Schwätzchen mit diversen Freunden
aus der Distanz-Szene hielten. Julie kam später mit meinem Kombi
nach. Seit Tagen war es schon durchgehend heiß und sonnig, es
herrschte höchste Waldbrand-Alarmstufe. Ein größerer Regen kurz vor
der Vorbesprechung änderte an den Temperaturen nicht wirklich viel,
erhöhte unglücklicherweise aber die Luftfeuchtigkeit und Dunst und
Wolken verschleierten in der Nacht immer wieder den
Beinahe-Vollmond.
Kurz vor Mitternacht setzte sich dann der traditionelle Fackelzug an
der Spitze des Starterfeldes in Bewegung. Von den 60 angemeldeten
Startern hatten einige noch kurzfristig wegen der extremen Hitze
abgesagt, 48 gingen schließlich an den Start, das war mehr als
jemals zuvor bei einer Heidedistanz und einige Reiter hatten (wie
ich selbst auch) ein etwas mulmiges Gefühl angesichts dieses
Massenstarts im Dunkeln auf einem ziemlich schmalen Reitweg, der
durch Holzpoller zum Fahrweg abgegrenzt war. Mein Plan war daher,
möglichst weit hinten zu starten und dort auch zu bleiben, um auf
der Nachtstrecke ruhig und ungestört hinterherzureiten. Es stellte
sich heraus, dass mir das mit einigen Kringeln vor dem Start ganz
gut gelang, nur zwei noch später startende aber schnelle Reiterinnen
überholten uns im Laufe der ersten Kilometer noch. Lezziran und ich
taten uns mit Jelena und ihrem 1,38m kleinen und 22 Jahre alten
Felix zusammen, die es auch ganz ruhig angehen und die
Mindeststrecke schaffen wollten. Wir blieben eine Weile im Schritt,
um den Vorausreitenden noch mehr Abstand zu geben, dann trabten wir
ruhig an. Teilweise konnte man nach einer Eingewöhnung den Weg im
Mondlicht ganz gut sehen. Dann kam aber plötzlich von hinten ein so
grelles Licht, dass ich einen Moment lang Angst hatte, es käme ein
Auto von hinten auf der Rittstrecke an. Letztlich war es die
Helmlampe der hinter uns gestarteten, die durch ihren grellen
Lichtkegel und die scharf umrissenen, bewegten Schatten von allen
Objekten zwischen der Lichtquelle und meinem Blickfeld ein Erkennen
des Geläufs unmöglich machte und auch Lezziran sehr zu irritieren
schien. Wir gingen eine Weile Schritt, bis das Licht wieder aus war,
dann trabten wir wieder. Irgendwann überholten uns die beiden
Reiter, die noch hinter uns gestartet waren. Lezziran legte im
Trabtempo zu, weil er gern dort vorn mithalten wollte, sollte er
aber nicht. Er konnte ja nicht wissen, dass er so weit laufen sollte
wie noch nie zuvor. Kurz vor einer Holzbrücke (ich konnte sie an den
Hufgeräuschen erkennen) hatten wir sie doch wieder eingeholt. Also
gingen wir noch mal wieder Schritt, um sie weiter wegzulassen. Dann
liefen eine ganze Weile Lezziran und Felix locker nebeneinander,
stutzten mal als offenbar Rehe den Weg kreuzten und als wir uns
einem kleinen Windpark näherten, irritierte sie das Geräusch der
großen Rotoren. Aber sie liefen im Mondlicht und Bodennebel munter
weiter. Mein Schimmel im Mondlicht und Bodennebel, das war so
romantisch –wenn auch nicht besonders praktisch, weil man vom Geläuf
wieder nicht viel sah. Wir kamen an den Trot-By nach ca. 20 km und
passierten diese Verfassungskontrolle ohne Beanstandung. Weil
Lezziran immer noch etwas übermotiviert war und der kleine Felix
sich zu sehr mitreißen ließ, beschloss Jelena, uns ziehen zu lassen.
Sie stieg ab und führte ein Stückchen und Lezziran und ich trabten
allein weiter in die Nacht. Wir waren jetzt im Wald unterwegs, der
Weg schien gut und ich konnte nach oben zwischen den Bäumen in einer
Art Schneise einen hellen Himmelsstreifen sehen. So folgte ich mit
Blick nach oben dem Waldweg, bis wir plötzlich an einer Schranke
standen. Ich wollte Lezziran schon durch den schmalen Durchgang
daneben lenken, da ging mir auf, dass das wohl mit Knicklicht zur
Warnung markiert worden wäre, wenn es zur Strecke gehören würde. Im
Dunklen fingerte ich an meinem GPS-Gerät am Arm und suchte nach der
Display-Beleuchtung. Ein Blick zeigte, dass hier nicht die
magentafarbene Route sondern nur noch unser eigener Track verlief.
Also wendeten wir und folgten unseren Spuren zurück bis zu der
Stelle, an der ein kleines Knicklicht die Abzweigung markierte.
Hätte ich mal lieber nicht in den Himmel sondern nach weiter unten
geguckt, dann hätten wir uns diesen Umweg gespart. Vermutlich waren
Jelena und Felix nun vor uns, aber ganz sicher war ich mir da nicht.
Jedenfalls waren wir wieder auf der richtigen Strecke, trabten an
einem Truppenübungsplatz entlang, dann ging es wieder ein langes
Stück durch den Wald. Wo der Weg sich zu wellig anfühlte oder
steinig klang, gingen wir ein Stück Schritt, ansonsten ließ ich
Lezziran in seinem Wohlfühltempo am lockeren Zügel traben.
Irgendwann sahen wir links von uns ein Areal mit jeder Menge
Lichterketten. Die weihnachtliche Beleuchtung mitten im Hochsommer
war schon irgendwie surreal. Kurz danach folgte eine
Ortsdurchquerung auf Asphaltstraßen. Da waren wir in Rebberlah und
nicht mehr weit von der ersten Pause. Kurz vor dem KP nahe der Pause
schlossen wir wieder zu Jelena und Felix auf und gingen dann um
exakt 3:00 Uhr gemeinsam in die Pause bei Starkshorn. Meine
Trosserin Julie war mit meinem Auto, Tränk- und Wascheimer und
Getränk für mich schon vor Ort und nahm mir Lezziran eine Weile ab,
dass ich mal austreten konnte. Die Untersuchungen bestanden beide
Pferde ohne Probleme. Nach 40 Minuten Pause gingen wir wieder
gemeinsam auf die Strecke und weil Lezziran seinen Übereifer
inzwischen ausreichend abgebaut hatte, beschlossen Jelena und ich,
den Rest nun wieder gemeinsam zu gehen. Die Morgendämmerung kam
schnell und als wir auf Waldwegen dem nächsten KP näher kamen,
hatten wir rechts von uns die aufgehende Sonne. Wir genossen die
Morgenstimmung und die harmonisch laufenden Pferde, wohl wissend
dass mit der Sonne nun sehr bald auch Wärme und Insekten kommen
würden. Im Wald ging es erstmal noch, aber als wir dann bei Baven
den Waldrand erreichten, wurden die Bremsen zahlreich und fies. Wir
versuchten, ihnen wo immer möglich im Trab zu entwischen. Wo das
nicht ging, wedelten wir mit Zweigen und Gerte oder versuchten, die
Viecher am Pferdehals totzuschlagen. Auf Lezzirans weißem Fell waren
blutige Flecken. Endlich kamen wir um 6:27 Uhr bei der Pause in
Willighausen an. Hier lagen knapp 60 km hinter uns und es gab erneut
40 Minuten Pause. Dirk stand mit dem Gespann bereit und ich konnte
Lezziran abwaschen und neu mit Bremsenschutz einsprühen, was leider
nur begrenzt half. Meine aufkommende leichte Müdigkeit bekämpfte ich
mit einem Energy-Drink, dann ging es auch schon weiter. Die ersten 1
½ Stunden war die Temperatur noch gut zu ertragen, ich hatte
allerdings in der Pause auch meine Softshell-Weste mit den
Reflektor-Streifen gegen eine leichte Sommerweste getauscht. Die
Softshell war ehrlich gesagt in dieser Nacht auch viel zu warm
gewesen, sodass mir häufig die Brille beschlug, aber reflektierende
Klamotten in der Nacht waren aus Sicherheitsgründen bei den
Straßenüberquerungen wichtig. Ab 8:30 wurde die Wärme extrem, da
hatten wir aber noch einige Kilometer vor uns bis zum
Frühstücksstopp bei 81 km. Lezziran war mehr und mehr genervt von
den Bremsen, schüttelte sich im Laufen und schlug mit dem Kopf. Ich
war in Sorge, dass er deswegen nicht mehr ausreichend auf seinen Weg
achten könnte. Einen erneuten Sturz wollte ich mit meiner noch nicht
auskurierten Schlüsselbein-Verletzung unbedingt vermeiden.
Vielleicht waren 81 km unter diesen Umständen dann doch genug… Als
ich Jelena meine Überlegung mitteilte, hatte sie für sich gerade
überlegt, dass sie doch ausnahmsweise noch bis 100 km gehen würde,
wenn wir zusammen gehen. Wir erreichten den Stopp um 10:24 Uhr und
beschlossen, unsere Entscheidung vom Urteil der Tierärzte abhängig
zu machen. Klar war in jedem Fall, es gehen beide gemeinsam weiter
oder keiner.
Die Tierarzt-Kontrolle verlief für beide Pferde ohne Beanstandungen,
die Pulswerte zeigten, dass beide noch ziemlich frisch waren. Nach
einer Stunde Pause würden sie zusätzlich erholt sein, allerdings
stiegen auch die Temperaturen weiter. Die Tierärztin mahnte, dass
auf dem Abschnitt im Naturschutzgebiet keinerlei Schatten wäre und
die Hitze damit noch verstärkt würde. Wir beschlossen, es dennoch zu
wagen, weil sich beide Pferde noch wirklich gut anfühlten. Und wir
hatten noch ausreichend Reserven bis zur Höchstzeit, konnten es also
einigermaßen ruhig angehen. Unsere Trosser beschlossen, an jedem
erlaubten Trosspunkt eine Zwischen-Versorgung mit Tränk- und
Waschwasser anzubieten. Lezziran bekam hinten leichtere Hufschuhe
angezogen, von denen einer unmittelbar vorm Losreiten noch
kaputtging, sodass ich schnell noch mal absitzen und einen anderen
Hufschuh anlegen musste. Das erste Stück bis Timmerloh lag noch
überwiegend im Wald, schattige Wege waren sehr angenehm zu bereiten.
In Timmerloh gab’s dann von Dirk eine kleine Erfrischung für die
Pferde. In Scharrl warteten Julie und Jelena’s Mutter sogar mit
handgepflücktem Gras für einen kleinen Snack. Kurz vor Scharrl
entdeckte Jelena, dass der zweite neue Hufschuh an Lezzirans
Hinterhuf ebenfalls kaputtgegangen war. Die untere Hälfte hatten wir
leider auf der Strecke verloren. Also zogen wir den Rest aus und
gaben in Scharrl auch den anderen hinteren Schuh bei Julie ab, damit
Lezziran gleichmäßig lief. Nun war er bloß leider für das letzte
Stück hinten barhuf. Traben über steinige Abschnitte war also nicht
mehr drin. Und die Reitwege im Naturschutzgebiet waren leider
überwiegend sehr steinig, wie wir nach einer letzten Stärkung im KP
am Tütsberg feststellen mussten. Aber wo die Wege einen Trab
erlaubten, liefen die Pferde immer noch locker und federnd mit
gespitzten Ohren und gutem Vorwärtsdrang nebeneinander. Wir waren
sehr stolz auf unsere Jungs. Der Weg durch die ausgedorrte Heide zog
sich zäh, aber wenigstens war es hier auch den Bremsen zu heiß. Und
dann kamen wir endlich doch nach Oberhaverbeck. Um 14:55 Uhr
erreichten wir den 100km-Stopp auf dem Stimbeckhof. Mit einem
Eingangspuls von 56 wirkten die Jungs nicht überanstrengt. Wir
sattelten ab, duschten sie mit dem Wasserschlauch und stellten sie
zu einer vorläufigen Tierarztkontrolle vor. Beide sahen hier sogar
besser aus als im Frühstücksstopp. Das endgültige Urteil würde
natürlich erst am nächsten Vormittag in der offiziellen
Nachuntersuchung fallen. Aber wir hatten erstmal für uns die
Gewissheit, dass wir die Pferde gut über die 100 km gebracht hatten
und sie beruhigt ins Ziel fahren und in den Feierabend entlassen
konnten. So luden wir auf und fuhren zum Ziel bei Brackel, wo schon
reges Treiben herrschte. Nachdem Lezziran und Felix in ihren
Paddocks versorgt waren, setzten wir uns im Schatten unserer Markise
zusammen und genossen das Gefühl, etwas großartiges mit unseren
Pferden erreicht zu haben. Zum Schlafen war es eh zu warm, also
haben wir bis zum Abend weiter durchgemacht. Mit einem leckeren
Kuchenbüffet am Nachmittag und Grillfleisch, Schweinebraten und
einem Salat- und Antipasti-Büffet vom Feinsten fiel das nicht
schwer. Einen kleinen Spaziergang bekam Lezziran noch, dann fing für
ihn die Nachtruhe an. Der Abend war dann geprägt von Rückschau auf
40 Jahre Heidedistanz, launigen Reden, nostalgischen Fotos und viel
Spaß und Tratsch. Gegen 23 Uhr musste ich dann nach rund 40 Stunden
auf den Beinen doch die Segel streichen und dem Lockruf der Matratze
folgen. Immerhin sollte am nächsten Morgen um 9:00 schon wieder die
Nachuntersuchung sein und mit Startnummer 11 würden wir ziemlich
früh dran sein.
Lezziran sah am nächsten Morgen gut ausgeruht aus. Ich führte ihn
zum Aufwärmen noch mal ein bisschen, die Beine waren zum Glück trotz
der Hitze kaum angelaufen. Ein kleiner Probetrab beim Aufwärmen sah
gut aus, dennoch ging ich natürlich mit einer leichten Anspannung in
die Nachuntersuchung. Es war aber alles gut, wir waren tatsächlich
mit 100 km in der Wertung. Etwas später waren dann Jelena und Felix
mit der Startnummer 38 an der Reihe und auch sie bestanden die
Nachuntersuchung ohne Beanstandung.
Von 48 Startern waren am Ende 42 in der Wertung. Nur 6 davon hatten
die vollen 160 km absolviert. Mit unseren 100 km in einer Reitzeit
von 12:35 Stunden lagen wir gemeinsam mit Jelena und Felix auf Platz
26 und waren stolz wie "Bolle".
Für dieses großartige Erlebnis danke ich Lezziran, der immer voll
einsatzbereit war, meinen beiden Trossern Julie und Dirk, die für
uns durch die Nacht gefahren sind und sich glühende Tagesstunden um
die Ohren geschlagen haben, den Helfern und Tierärzten für ihren
unermüdlichen Einsatz und natürlich dem scheidenden
Veranstalter-Team. Und weil sich nun zum Glück doch Nachfolger für
die Organisation dieses Traditionsritts gefunden haben, werden wir
wohl im nächsten Jahr wieder dabei sein. Den Weg zum Zieleinlauf
habe ich dem Schlumpf beim Warmführen schon mal gezeigt….
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